Zum Jahreswechsel gönne ich mir meist eine Auszeit vom Klettern und in der kalten Jahreszeit verkrieche ich mich gern hinter dem Rechner.
Was dabei herauskommt findet ihr hier:
Zum Jahreswechsel gönne ich mir meist eine Auszeit vom Klettern und in der kalten Jahreszeit verkrieche ich mich gern hinter dem Rechner.
Was dabei herauskommt findet ihr hier:
(Erstveröffentlichung im Climbtools-Blog 02_2020)
Der Hype in der Szene – vor allem durch die Sozialen Medien angekurbelt – ließ die Erwartungen an die Performance des kleinen Alleskönners übernatürliche Ausmaße annehmen.
Ein Gerät, das im Aufstieg flüssig mitläuft, im Handumdrehen vom Seil zu nehmen, dabei geschmeidig beim Abfahren ist und sogar elegante Sprünge zulässt.
Obendrein solle es auch noch hübsch aussehen, wenig Gewicht auf die Waage bringen und in der Bauhöhe kaum größer als ein Perfect-O Karabiner sein…
Nun, wer halbwegs aufmerksam liest, wird auch aus meinem Schreibstil eine gewisse Ironie herauslesen können. Diesen umschriebenen „heiligen Gral der Klettertechnik“ suchen nun seit Jahren viele grandiose Tüftler und einige sind ihm auch schon recht nahegekommen.
Die heutigen Geräte oder Gerätekombos (darunter fällt für mich hier auch der Ropewrench mit Klemmknoten) haben erstaunliche Eleganz und Leichtigkeit beim Klettern möglich gemacht – sogar für einen Tollpatsch wie mich. Doch JEDES Gerät, das ich auf dem Markt finden kann, hat seine Vor- und Nachteile und – ich denke, Ihr ahnt es schon – das Akimbo ist hier keine wundersame Ausnahme.
Mittlerweile werde ich öfter mal gefragt, was ich von dem Gerät halte. Dabei treffe ich nicht selten auch auf Enttäuschung oder Frustration mit dem Akimbo und ich denke, das ist durchaus verständlich. Die Erwartungen werden schlicht und einfach nicht gleich erfüllt…
Aber gehen wir die Sache einmal in Ruhe durch: Was ist das Akimbo, und was kann es? Ich versuche, meine Erlebnisse aus sechs Monaten intensivem Testklettern mit dem in Europa noch als “Wild-Tier” zu bezeichnenden Klettergerät mal grob zusammenzufassen:
Das Akimbo ist ein mechanisches Auf- und Abseilgerät, das um 2014 von Jaime Merritt entwickelt wurde und seit Herbst 2017 von einem namhaften Hersteller in Serie produziert wird.
Seit 2015 sind die ersten Prototypen und Videos von Jaime im Netz und sorgen – spätestens seit der Fundraising-Aktion für die erste Kleinserie – für reges Interesse.
Das Gerät ist sehr klein in der Bauform, seilmittig installierbar, dabei zu öffnen, ohne es vom Gurt trennen zu müssen, und vor allem sind alle Bauteile fest miteinander verbunden, so dass nichts verloren gehen kann. Darüber hinaus scheint es sich sehr geschmeidig damit zu klettern.
Als ich im Frühjahr 2018 – nach gefühlt endlosem Warten – mein erstes Akimbo in den Händen hielt, war ich hellauf begeistert und konnte es kaum erwarten, mit den ungeschliffenen Diamanten in den Bäumen zu klettern. Und natürlich war auch ich enttäuscht. Denn nein, es ist kein Aufzug und es hat auch nicht mehr PS als ein ZigZag. Ganz im Gegenteil. Die ersten Kletterversuche damit waren ernüchternd.
49 Einstellungs-Möglichkeiten stellten mich vor gefühlt 100 Fragezeichen und ich bin gut zwei Wochen lang damit am Seil herumgestottert. Doch jedes Mal, wenn ich das Gerät aufmache (…dieses unglaublich schöne Design…) schlägt das Herz etwas schneller. Und so wollte ich einfach wissen, was mit dem Akimbo geht.
Ein paar Monate später konnte ich dann die ersten kleinen „Sprünge“ damit wagen, und in der kurzen Zeit, die ich im Masters auf der Ostdeutschen Klettermeisterschaft im Baum verbringen durfte, ist mir ja auch ein wirklich schwerer und weiter Transfer mit dem Akimbo gelungen. Es geht also schon. Doch sicher NICHT EINFACH. Denn – tada! – auch wenn mal eine gute Einstellung gefunden ist, bleibt sie nicht so und es kann von einem auf den anderen Tag auch mal wieder ziemlich ruppig werden. Ein Akimbo ist und bleibt ein launisches Tier!
Nach nun sechs Monaten mit zwei dieser kleinen Gesellen kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass dieses Gerät nicht für ungeduldige Gemüter und eher nicht für Anfänger*innen gemacht wurde. Wer – wie schon beim Klemmknoten-Klettern – Lust auf nicht endendes „fine tuning“ hat, findet mit dem Akimbo einen großartigen Alleskönner am Gurt, der aber eben ein wenig Zuneigung braucht.
Wer also einfach nur geschmeidig klettern will – ohne sich groß um Einstellungen und Materialfragen zu kümmern – sollte am Einfachseil dann vielleicht doch beispielsweise beim ZigZag in Kombination mit dem Chicane bleiben.
1. Um ein Akimbo entspannt auf- oder von einem Seil abzunehmen, muss das Seil locker gespannt sein. Schon fünf bis zehn Meter Seilgewicht machen das Einlegen zu einem Handgriff, der etwas Übung bedarf. Machbar, aber nicht mehr unbedingt selbsterklärend, denn allein das Gerät zu öffnen, bleibt für manches baumkletternde Wesen ein Mythos. Gerade auch bei älteren Modellen können die Gerätekörper verkanten und dann fühlt es sich so an, als ob kein Öffnen möglich sei.
2. Um das Akimbo einzustellen, muss das Gerät vollständig geöffnet und die Arretier-Bolzen beiseite geschoben werden. Nun können die beiden Bremsbacken herausgedrückt und gedreht werden. Die Markierungen sind – gerade durch das nicht immer klinisch reine Arbeitsumfeld – leider nicht sonderlich gut zu erkennen, was den Einstellprozess etwas nervig gestalten kann. Nichts, was Du nicht in den Griff bekommen kannst, aber ein Punkt mehr auf dieser Liste.
3. Ungeklärte Einstellungsfrage: Zu wenig Reibung und das Gerät wird richtig bissig und entsprechend fahrig oder schnell und für manche auch angsteinflößend. Nur ein wenig zu viel Reibung und das Akimbo wird zu einer Seilklemme, die nur noch in eine Richtung am Seil rutscht. Oder gar nicht mehr. Die richtige Einstellung zu finden, ist kein leichtes Unterfangen. Ich selbst klettere mit schwankenden 75-80 Kilo eine D-4 auf Squir (Courant) oder X-Static (Teufelberger) für reines SRT, C-4 auf Atrax (Cousin) nach Umstieg von DRT auf SRT. Je nach meiner eigenen Stimmung muss da mal ein Stück vor- oder zurückgedreht werden, und dann geht mal ein Sprung mehr oder eben lieber keiner.
4. Kommst Du mit einem Ast auf den oberen Gerätekörper, kann sich das Gerät zu einem spontanen Satz angeregt fühlen (das kennt Mensch ja auch von anderen Geräten…). Kann für Überraschungen sorgen…
5. Keine austauschbaren Teile. Das bedeutet eine kostenintensive Neuanschaffung, wenn auch die reibungsintensivste Einstellung nicht mehr hält. (Wie lange das dauert, konnte ich aber noch nicht herausfinden).
Ich habe mich schon sehr an die Präsenz dieses Gerätes gewöhnt und ich schätze die Vielseitigkeit trotz der kleinen Tücken. Es ist als SRT-Klettergerät, als Hansesicherung, im Aufstieg, bei Überstieg auf dem Wurfhakenseil, für Rücktraversen, „Dragontail“-Umstiege und sogar auf dem Doppelseil kletterbar. Und da sie so klein und leicht sind, bleiben meine beiden so gut wie immer am Gurt.
So erklärt sich für mich auch der Hype im Netz. Wer es mag, will einfach nicht mehr ohne dieses Gerät im Baum arbeiten. Ich fühle mich schon unvollständig, wenn ich eines ausleihe und selbst nur noch ein einzelnes übrig habe. Aber sicher ist das Gerät – wie alle anderen auch – nur für diejenigen ein Diamant, die wissen, wie man ihn (ein)schleift.
Die lustigen T-Shirts gibts hier: