(K)not Knews #01 Der Pumuckl in der SRT (DE)
Orginal veröffentlicht als PDF 2019_03_04
oder: …Hurra, hurra, der Pumuckl* is da…
Eine kurze Studie zu einem Inseil-Anker-Knoten / Y – Verbinder,
basierend auf einem doppelten Schotstek in Kombination mit einer Yosemite Sicherung (eng.: Yosemite Tie Off: Y-T-O).
kurz erwähnt im Knotenbuch von Dirk Lingens unter 6.3.5 (6.Auflage, 2017)<<
Es galt einen Knoten mit einer geringen Einbauhöhe zu finden, der dazu taugt ein Seilende mit einer Seilmitte (Y-Verbindung) zu verbinden. Alle Seilstränge sollen in alle Belastungsrichtungen sicher bekletterbar sein und das eingeknotete Kletterseil (in allen Abbildungen: LILA) soll den gleichen oder einen größeren Durchmesser als das Aufstiegsseil (in allen Abbildungen: ORANGE) haben können. In der Annahme, dass ein Aufstiegsseil in der Regel dünner oder gleich stark ist als ein SRT (von Stationary Rope Technique / Stehend Seil Technik) Arbeitsseil. Angeregt wurde das Projekt durch die Suche nach einer Möglichkeit, die beim Y-System in der SRT (Siehe Abbildung A) üblichen Ringe oder Riggingplatten am Verbindungspunkt der Seile einzusparen, um weniger Bauteile im System zu binden und Einbauhöhen zu verringern. Der Knoten, der das beste Ergebnis lieferte ist nicht neu, hat aber in dieser Konfiguration nie besondere Aufmerksamkeit erhalten. Auch als Y-Verbinder in Kräftedreiecken (Danke für die Idee an Thomas) liefert der Knoten interessante, Seil sparende und schnelle Optionen:
Abbildung A: Einsatzszenario und Knotenbild
Eine typische Anwendung des Y-Systems in der SRT. Das Kletterseil (LILA) wird zum Arbeitsgang genutzt, wobei das Aufsteigseil (ORANGE) ungenutzt bleibt und als Rettungsseil fungieren kann. Diese Anwendung birgt Gefahren und bedarf genauer Planung oder weiterer Sicherungsmaßnahmen (zum Beipiel einen Kronenanker)! und wird daher nur ausgebildeten und erfahrenen Anwender*innen empfohlen.
* Thomas und ich haben ausführlich recherchiert und nirgends eine genaue Beschreibung des Knotens in dieser Form gefunden (außer der oben erwähnten Randbemerkung in Dirks Buch). Doch dieser Knoten hat so ein enormes Potential, dass er in meinen Augen einen eigenen Namen verdiehnt. Da ich ihn seit einiger Zeit sehr intensiv nutze begann ich ihn Pumuckl zu nennen: Die Fantasie-Figur des Pumuckl (Figur aus einem Hörspiel für Kinder von Ellis Kraut) kann sich unsichtbar machen und zeigt sich nur wenigen, obwohl er doch meist da ist. Das passt recht gut, da dieser Knoten ja keine Neuerfindung ist und eigentlich schon immer da war. Wir haben ihn aber einfach nicht wahrgenommen. Nun hat er sich offenbart und der Schabernack kann los gehen. Viel Spass (natürlich auf eigene Gefahr und nur für geschulte Anwenderinnen) mit dem „Pumuckl“…
…Ihr könnt ihn natürlich auch gern weiterhin „Doppelten Schotstek mit Y-T-O“ nennen
Abbildung B: Anleitung
Mit dem Aufstiegseil (ORANGE) wird ein doppeltes Auge gelegt (Teil 1 vom Schotstek) und mit dem Kletterseil (LILA) wird der Knoten ergänzt (Teil 2 Schotstek). Die Sicherung des Knotens wird am Schluss durch den Y-T-O erziehlt.
Die Kombination aus der Grundform des doppelten Schotstek und der Sicherung mit dem Y-T-O bietet einige Vorteile, die den Knoten sehr sicher und effizient machen: Die Basis aus dem doppelten Schotstek erschwert durch das doppelte Auge ein gefährliches kaputtsortieren des Knotens (eine bekannte Problematik beim Palstek mit Y-T-O). Natürlich kann so gut wie jeder Knoten mit viel Motivation böse entstellt werden. Auch dieser Knoten gehört zu denen, die in unschöne Formen gebracht werden können und ist daher eher etwas für Leute die gerne Knoten machen. Der Y-T-O gibt dem doppelten Schotstek die nötige Bekneiffung, damit dieser in allen Belastungsrichtungen stabil bleibt. Dennoch ist er schnell gesteckt aber auch nach Belastung wieder zu öffnen. Sauber geknotet ist dieser Knoten eine wundervolle Ergänzung für jedes Knotensortiment und ich kann mir vorstellen, dass Viele von Euch diese Variation zu schätzen wissen. Im Übrigen scheint das „Upgrade“ der doppelten Wicklung bei allen Palstek Varianten seine positive Wirkung zu entfalten…
Abbildung C:
Alternative Verwendung im
Kräftedreieck.
Abbildung D: Tests für den Pumuckl
Aufstiegseil: Teufelberger – Platinum Arbor Access (A)
Arbeitsseil: Teufelberger – Xstatic (X)
Test 1: Zugrichtung im Arbeitsgang (X-A):
18,11kN; 19,60kN; 19,35kN
Test 2: Zugrichtung im Aufstieg (A-A):
18,73kN; 18,53kN; 16,96kN
Test 3: Zugrichtung im Rettungsaufstieg (A-X):
17,48kN; 16,53kN; 17,43kN
Test 4: Zugrichtung im Arbeitsgang, gleiche Seildurchmesser
(A-A): 15,99kN, 17,85kN
(X-X): 20,45 kN
Ergebnis des Validierungstest auf die freie Seillänge A:
34,02 kN
(Übertraf die Herstellerangabe von 28 kN)
Ergebnis des Validierungstest auf die freie Seillänge X:
44,70 kN
(Übertraf die Herstellerangabe von 32 kN)
Die mittlere Bruchlastverringerung auf die Validierungstest
gerechnet:
47,7 %
An dieser Stelle möchte ich ein paar große „Dankeschön“ unbedingt loswerden:
Das Erste geht an Thomas Wahls, für die auch in diesem Fall (wie immer) große Unterstützung bei der Recherche und dem Lektorat, eines geht an Dirk Lingens und eines an Axel Manz für sehr hilfreiche Anmerkungen, eines an Mark Bridge für die freundliche Vermittlung an Teufelberger und eines an die Kletterschule Arbor Faktur, für die tolle Unterstützung und die gute Zusammenarbeit. Ein besonderes geht an die Firma Teufelberger und meine „Betreuer*innen“: Angela, Dominik und Lukas. Ohne die Tests im Prüflabor und die dafür zur Verfügung gestellten Ressourcen (Leidenschaft, Seile, Prüfbett, Arbeitszeit, … ) wäre diese Ausarbeitung in dieser Form nicht möglich gewesen.
Bleibt gesund und bis bald
Euer Muck
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